Presseinformation
München, 16. Februar 2012


Nachbar muss Wärmedämmung dulden
Neues Gesetz seit 1.1.2012


Steht die Außenwand eines Hauses, die der Eigentümer mit einer Wärmedämmung versehen will, an der Grundstücksgrenze, führt die Anbringung der Wärmedämmung zwangsläufig zu einem Überbau auf das Nachbargrundstück. Strittig war bisher, ob und unter welchen Voraussetzungen der Eigentümer des betroffenen Nachbargrundstücks dulden muss, dass sich die Wärmedämmung des Nachbarhauses auf seinem Grundstück befindet. So hat z. B. das OLG Karlsruhe entschieden, dass ein Hauseigentümer seine Außenwand nicht dämmen darf, wenn die Dämmplatten (hier: 15 cm) in den Luftraum des Nachbargrundstücks ragen (OLG Karlsruhe, Urteil v. 9.12.2009, 6 U 121/09, NZM 2010, 176).

Änderung der Rechtslage

Diese Rechtslage steht jedoch in Widerspruch zu den klimapolitischen Zielen, durch Energiesparmaßnahmen den Ausstoß schädlicher Emissionen zu verringern und die Ressourcen zu schonen. Daher hat der Bayerische Landtag mit Wirkung zum 1.1.2012 zwei gesetzliche Neuregelungen verabschiedet. Danach ist ein Grundstückseigentümer zum Einen unter bestimmten Voraussetzungen zur Duldung des durch eine Wärmedämmung entstandenen Überbaus verpflichtet. Zum Anderen muss er auch das Betreten seines Grundstücks zum Zwecke der Anbringung der Wärmedämmung gestatten (Art. 46 a, 46 b Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch - AGBGB). Entgegenstehende Urteile sind daher jedenfalls in Bayern nicht mehr einschlägig.
Voraussetzung ist, dass durch die Wärmedämmung die Nutzung des Nachbargrundstücks nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt wird und eine vergleichbare Wärmedämmung auf andere Weise als durch eine Außendämmung mit vertretbarem Aufwand nicht vorgenommen werden kann.

Überbaurente

Als Ausgleich für den Überbau kann der Nachbar eine Geldrente (sog. Überbaurente) verlangen. Die Höhe der Rente wurde gesetzlich leider nicht geregelt. Bemessungsgrundlage ist der Verkehrswert des überbauten Grundstücksteils im Zeitpunkt der Grenzüberschreitung.
Zur Anbringung der Wärmedämmung muss der Nachbar das Betreten seines Grundstücks gestatten und grundsätzlich auch dulden, dass dort zur Durchführung der Arbeiten, z. B. ein Gerüst aufgestellt wird. Dies gilt nicht für Eigentümer öffentlicher Verkehrsflächen.

Anzeige- und Entschädigungspflicht

Die Absicht, das Nachbargrundstück zu betreten und dort Arbeiten auszuführen sowie die Art und die Dauer der Arbeiten muss dem Nachbarn mindestens einen Monat vor deren Beginn angezeigt werden. Kommt es zu Schäden am Eigentum des Nachbarn, kann der Nachbar ohne Rücksicht auf ein etwaiges Verschulden Schadenersatz verlangen. Die Nutzung seines Grundstücks zum Zwecke der Anbringung der Wärmedämmung muss der Nachbar entschädigungslos nur maximal eine Woche dulden. Danach hat er Anspruch auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung.


Rechtsanwalt Rudolf Stürzer
Vorsitzender Haus + Grund München